I. Status der Gemeinschaftsschule innerhalb der Berliner Schullandschaft
1. Wie wird Ihre Partei im Falle eines Wahlsieges die Berliner Gemeinschaftsschulen weiter fördern?
2. Hat Ihre Partei vor, die Gemeinschaftsschule als Regelschule und somit gleichwertige Schulform zu etablieren?
3. In welchem Umfang werden Sie Neugründungen von Gemeinschaftsschulen unterstützen?
Antworten auf die Fragen 1 bis 3:
Seit dem Schuljahr 2008/2009 beweist die Berliner Gemeinschaftsschule als Schule für alle, dass es möglich ist, den Bildungserfolg von der sozialen und ethnischen Herkunft der Schülerinnen und Schüler abzukoppeln.
Der Abschlussbericht zur wissenschaftlichen Begleitung der Pilotphase zeigt, dass es den teilnehmenden Schulen gelungen ist, die Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern. Die Gemeinschaftsschulen können den Lernerfolg von der sozialen Herkunft abkoppeln. Schülerinnen und Schüler mit einem sozial belasteten Hintergrund erreichen vielfach ähnlich gute Lernfortschritte, wie diejenigen aus weniger sozial belasteten Elternhäusern.
Wir wollen die Erfolgsgeschichte der Berliner Gemeinschaftsschulen fortschreiben und es mehr Kindern ermöglichen, eine bruchlose, inklusive und gerechte Bildung zu erhalten. Die Gemeinschaftsschulen werden einen festen Platz in der Berliner Schullandschaft erhalten. Wir werden sie als weitere Schulart im Schulgesetz verankern. Gleichzeitig wollen wir alle Gemeinschaftsschulen so unterstützt, dass die räumlichen, sächlichen und personellen Ressourcen ausreichen, um erfolgreich arbeiten zu können.
II. Bildungsgerechtigkeit/Chancengleichheit
1. Das deutsche Bildungssystem steht wegen seiner mangelnden Bildungsgerechtigkeit in der Kritik. Wie wollen Sie in Berlin für mehr Chancengleichheit sorgen?
2. Wie steht Ihre Partei zur Selektion der Schülerinnen und Schüler nach ihren Leistungen mit dem Übergang in die 7. (bzw. 5.) Klasse? Ist es nicht besser, Kinder länger gemeinsam lernen zu lassen – unabhängig von ihren schulischen Leistungen?
Antworten auf die Fragen 1 bis 2:
Wir Berliner Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen dafür ein, dass alle Menschen dieser Stadt die Chance haben, ihre Stärken zu entdecken und ihr Potenzial auszuschöpfen. Chancengleichheit bedeutet für uns, dass alle Kinder dieselben Bildungschancen haben, unabhängig davon, woher sie kommen oder in welcher sozialen und finanziellen Lage sich ihre Familie befindet. Nach bestmöglicher Förderung in der Kita ist es unser Berliner Schulsystem, das allen Kindern und Jugendlichen eine optimale Förderung garantieren und herkunftsbedingte Ungleichheiten abbauen soll.
Das Berliner Schulsystem ist sowohl der individuellen Förderung als auch einer hohen Durchlässigkeit und damit Chancengleichheit verpflichtet. Mit der von uns durchgeführten Schulstrukturreform haben wir in Berlin eine Schullandschaft, die durch die sechsjährige Grundschule sowie anschließend die Integrierte Sekundarschule, auf der alle Abschlüsse erworben werden können, und das Gymnasium geprägt wird.
Dazu kommen schulartenübergreifend die Gemeinschaftsschulen (von Klasse 1-13) sowie eine große Anzahl beruflicher Schulen mit vielfältigen Angeboten. Mit der Zweigliedrigkeit im Bereich der Klassen 7 bis 10 (Sekundarstufe I) – bestehend aus Integrierten Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen als eine Säule und Gymnasien als andere Säule – wurde Segregation in der Berliner Schule vermindert.
Die Potenziale der einzelnen Schülerinnen und Schüler zu erkennen und zu fördern, darin liegt die besondere Aufgabe in der Grundschule. Diese Leistung der individuellen
Förderung erfordert eine 5 angemessene Bezahlung. Wir werden uns deshalb für die Gleichstellung der Grundschullehrkräfte bei der Bezahlung sowie bei der Übernahme von Funktionen mit Lehrkräften aller anderen Schularten stark machen. Die Leitungsstellen an Grundschulen haben wir attraktiver gestaltet und eine bessere Bezahlung in diesem Bereich durchgesetzt.
Wir werden den Ganztagsbetrieb inhaltlich und qualitativ weiter verbessern. Um allen Kindern den Zugang zur Förderung und Betreuung im Hort zu eröffnen, werden wir die Bedarfsprüfung im offenen Ganztagsschulbetrieb abschaffen. Auch die Hortgebühren werden wir nach einer Verbesserung der Qualität in der Kinderbetreuung wegfallen, um auf allen Stufen der Bildungskette – von der Kita bis zum Master – die Gebührenfreiheit des Bildungszugangs zu gewährleisten. Hierzu zählt auch die Wiedereinführung der Lernmittelfreiheit.
III. Inklusion
1. Wie wollen Sie die gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung weiter voran bringen?
2. Gemeinschaftsschulen als inklusive Schulen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention. Das kostet viel Zeit und Kraft. In welchem Umfang werden Sie sich für eine bessere personelle Ausstattung der Gemeinschaftsschulen einsetzen?
3. Wie stehen Sie zu der Abschulungspraxis der Gymnasien? Ist diese Ihres Erachtens mit dem staatlichen Inklusionsauftrag vereinbar?
Antworten auf die Fragen 1 bis 3:
Die bisherigen Gemeinschaftsschulen wurden laut Abschlussbericht der Pilotphase dem Anspruch einer inklusiven Schule weitgehend gerecht. Die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben beachtliche Lernzuwächse erreicht, während sich im Vergleich von Klassen mit und ohne Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf keinerlei Nachteile des gemeinsamen Lernens feststellen ließen. Teilweise waren die Lernfortschritte in „inklusiven“ Klassen sogar besonders hoch.
Sowohl Inklusion als auch die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsschulen stehen für die SPD an vorderer Stelle der Bildungspolitik. Wir werden unabhängig vom Schultyp die personellen und baulichen Voraussetzungen an den Schulen für eine inklusive Beschulung ausbauen und weiterentwickeln.
Die Abschulungspraxis der Gymnasien beobachten wir nicht ohne Sorge. Wir gehen allerdings davon aus, dass sich diese nicht in erster Linie auf die Inklusion auswirken wird.
Oberstufe / Gymnasien
1. Wie stehen Sie zu der Forderung, dass an allen Gemeinschaftsschulen gymnasiale Oberstufen eingerichtet werden sollen und somit dort das Abitur abgelegt werden kann?
Antworten auf die Frage:
Wir werden uns dafür einsetzen, dass sich weiterhin Schulen aller Schularten bewerben können, Gemeinschaftsschule zu werden.
Gemeinschaftsschulen ohne eigenen Grundschulteil oder ohne eigene gymnasiale Oberstufe haben bereits jetzt verbindliche Kooperationen mit Grundschulen oder Schulen mit gymnasialer Oberstufe. So erfolgen die Übergänge zwischen den Klassenstufen sicher und reibungslos.
Die Gemeinschaftsschüler wechseln automatisch in die 7. Jahrgangsstufe ihrer Schule, wenn die Schülerinnen und Eltern dies wünschen. Ebenso werden Schüler von Grundschulen mit denen verbindliche Kooperationen bestehen, vorrangig aufgenommen.
Das gesamt Dokument zum Download als PDF: Wahlprüfsteine SPD Berlin
Pingback: Berliner Zeitung: Koalitionsverhandlungen: Streit um die Zukunft der Berliner Gymnasien – Elternnetzwerk Berliner Gemeinschaftsschulen