GGG: Bericht aus Berlin (Mai 2007)

5.2007
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Das Projekt der von der rot-roten Koalition beschlossenen Pilotphase Gemeinschaftsschule geht voran, ebenso die Diskussion um dieses Projekt. Die Projektgruppe, die aus Schulleitern, Bildungsstadträten, Mitarbeitern der Schulverwaltung und Schulaufsicht besteht, hat ihre Arbeit aufgenommen. Ihre Aufgabe ist die inhaltliche Vorbereitung und die operative Umsetzung. Ein erstes Positionspapier für das Projekt steht kurz vor der Veröffentlichung. Ein Beirat ist berufen und hat bereits getagt. Ihm gehören an der Staatssekretär Eckart R. Schlemm, Rita Süßmuth, Enja Riegel, Rainer Domisch, Ulf Preuß-Lausitz, Manfred Prenzel, Marliese Seiler-Beck für die GEW, Peter Heyer für den Grundschulverband, außerdem Vertreter der Abgeordnetenhausparteien, des Philologenverbandes, des VBE, der evangelischen Schulen und von Wirtschaftsorganisationen. Ernst Rösner ist Vorsitzender des Beirats. In einer Interessenbekundungsphase können sich Schulen und Schulverbünde noch vor den großen Ferien zunächst unverbindlich melden und in eine Beratungsphase eintreten. Die eigentliche und dann verbindliche Bewerbung findet auf der Grundlage von schulischen Gremienbeschlüssen im neuen Schuljahr statt, dass auch zur weiteren Vorbereitung dient. Die Arbeit an den Schulen wird zum Schuljahr 2008/09 aufgenommen.

Senator E. Jürgen Zöllner hat sich zu verschiedenen Gelegenheiten zu dem Projekt öffentlich geäußert und dabei mit adressatengerechter unterschiedlicher Betonung etwa folgende Position vertreten: Es kommt in erster Linie auf die individuelle Förderung jedes Schülers an. An diesem Ziel hat sich auch die Schulstruktur zu orientieren. Dabei hat er große Präferenzen für eine Schule für alle (s. Bericht der Berliner Zeitung „Zöllner für Einheitsschule – Eine ‚große Cance’“ vom 26.4.2007 über eine Berliner SPD-Programm-Tagung am 24.4.). „Die Einheitsschule ist mir unheimlich wichtig, aber ich würde kein System umsetzen, wenn ich riskiere, dass es bei den nächsten Wahlen wieder gekippt wird.“ so wird Senator Zöllner zitiert.

Der Runde Tisch Gemeinschaftsschule Berlin begleitet das Projekt kritisch wohlwollend. Er wird am 15. Juni in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Fachtagung durchführen, die sich an die interessierte Öffentlichkeit wendet.

Die FDP und Bündnis 90/Die Grünen haben zu dem Thema Schulqualität und Schulstruktur öffentliche Veranstaltungen durchgeführt, bei denen jeweils auch Senator Zöllner mitdiskutiert hat. Besonders interessant war hier die Veranstaltung der Grünen am 17. April: Dort wurde das Ergebnis der Hamburger Enquete-Kommission geradezu als Richtung weisend für ein „Zweiwege-Modell“ gepriesen. Dieter Wunder stellte das Ergebnis dar und Elmar Tenorth fand beifällige Worte, Özcan Mutlu und Hans-Jürgen Kuhn fanden das Enquete-Kommissionspapier offensichtlich auch ganz toll und Senator E. Jürgen Zöllner wollte die Diskussion für den richtigen Weg in der Bildungspolitik doch noch offen halten. Sinngemäß und ein bisschen verklausuliert: „Vielleicht eröffnet die nun laufende Diskussion Möglichkeiten für eine Bildungpolitik, die nicht ein ein als vorläufig erkanntes Modell auf lange Zeit installiert, sondern gleich ‚was Vernünftiges.“ Etwas befremdlich war, dass kein Mitglied der Hamburger GAL anwesend war. Die von der Mehrheitsmeinung der Enquete-Kommission abweichenden Voten von SPD und GAL blieben unerwähnt. So erlebten wir die paradoxe Situation, dass die Berliner Grünen Hamburger CDU-Positionen feierten. Oder sind das die Vorboten jamaikanischer Verhältnisse?

Lothar Sack

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