Wahlprüfsteine – Antworten der Piratenpartei

I. Status der Gemeinschaftsschule innerhalb der Berliner Schullandschaft

1. Wie wird Ihre Partei im Falle eines Wahlsieges die Berliner Gemeinschaftsschulen weiter fördern?

Antwort:
Die PIRATEN sehen in den Gemeinschaftsschulen den innovativsten Teil der Berliner Schulreform. Sie setzt das möglichst lange gemeinsame und das individuelle Lernen am konsequentesten um und ermöglicht damit die größtmögliche Entkopplung des Schulerfolges von der sozialen Herkunft. Hierbei ist uns wichtig, weiterhin und zunehmend für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz von Gemeinschaftsschulen und ihrer wichtigen Arbeit zu sorgen und die notwendigen finanziellen Mittel aus dem Landeshaushalt für die Unterhaltung und Expansion bereit zu stellen. Wir PIRATEN bekennen uns zur Gemeinschaftsschule und wenden uns gegen jede Aufkündigung des sogenannten “Schulfriedens”, die mit der Stärkung des Gymnasiums eine Verschlechterung der Bedingungen für Gemeinschaftsschulen und ISS in Kauf nimmt.

2. Hat Ihre Partei vor, die Gemeinschaftsschule als Regelschule und somit gleichwertige Schulform zu etablieren?

Antwort:
Ja, wir sind von Beginn an vom Konzept der Gemeinschaftsschule überzeugt und werden uns dafür einsetzen, dass die Gemeinschaftsschule den Status der Regelschule erhält.

3. In welchem Umfang werden Sie Neugründungen von Gemeinschaftsschulen unterstützen?

Antwort:
Momentan reichen die Schulplätze an Gemeinschaftsschulen nicht aus um die Nachfrage zu befriedigen. Schon um den Elternwillen umzusetzen, muss die Zahl der Gemeinschaftsschulen erhöht werden. Denn eine „Schule für Alle“, die aber nicht für alle zugänglich ist, kann ihrem Anspruch nicht gerecht werden. Außerdem unterstützen die PIRATEN Neugründungen und Umwandlungen ausdrücklich, da das Konzept der Gemeinschaftsschulen das möglichst lange gemeinsame und binnendifferenzierte Lernen am konsequentesten umsetzt.

II. Bildungsgerechtigkeit/Chancengleichheit

1. Das deutsche Bildungssystem steht wegen seiner mangelnden Bildungsgerechtigkeit in der Kritik. Wie wollen Sie in Berlin für mehr Chancengleichheit sorgen?

Antwort:
Die PIRATEN Berlin unterstützen ein möglichst langes gemeinsames Lernen. Alle Lernenden sollen ihre Schullaufbahn individuell planen und absolvieren können. Dasbedeutet insbesondere binnendifferenziert, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Methoden zu lernen. Allen Schulen soll die Möglichkeit gegeben werden, jahrgangshomogene Klassenverbände aufzulösen und zum Beispiel durch ein flexibles Kurssystem zu ersetzen, das zahlreiche Probleme des existierenden Klassensystems löst: Lernende werden nicht mehr über- oder unterfordert oder zum Überspringen von Klassen genötigt, sondern können Kurse wählen, die ihrem individuellen Fortschritt entsprechen. Eine erzwungene Unterteilung in verschiedene Schulstufen findet nicht mehr statt. Die PIRATEN Berlin setzen sich für die Ausweitung der Schulsozialarbeit auf alle Schulformen ein, damit die Schüler jederzeit auf individuelle Begleitung und Beratung zurückgreifen können. Ziffernoten und sogenannte Kopfnoten lehnen wir ab. Bewertungen sollen den Lernenden vorrangig als Rückmeldung über ihre Bildungsfortschritte dienen und nicht der interpersonellen Vergleichbarkeit.

2. Wie steht Ihre Partei zur Selektion der Schülerinnen und Schüler nach ihren Leistungen mit dem Übergang in die 7. (bzw. 5.) Klasse? Ist es nicht besser, Kinder länger gemeinsam lernen zu lassen – unabhängig von ihren schulischen Leistungen?

Antwort:
Die OECD kritisiert seit Jahren die frühe Selektion im Deutschen Schulsystem als den Grund für die besonders starke Abhängigkeit des Schulerfolges von der sozialen Herkunft. Ein Blick in die Nachbarländer genügt, um zu sehen, dass es auch anders geht. Wir PIRATEN wollen, dass Schüler*innen länger gemeinsam lernen und dass sie sich gegenseitig unterstützen, um so Sozialkompetenzen zu erwerben, die über die fachlichen Anforderungen der Schule hinausgehen. In Berlin gibt es viele Bespiele, dass das Miteinander in ISS und Gemeinschaftsschulen gelingt, wenn die Schulen gut ausgestattet sind und engagiertes Lehrpersonal die individuelle Förderung ernst nimmt. Wenn das Gymnasium nicht abgeschafft werden kann, muss das Ziel sein, die ISS und Gemeinschaftsschulen so zu fördern, dass sie mit dem Gymnasium konkurrieren können.

III. Inklusion

1. Wie wollen Sie die gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung weiter voran bringen?

Antwort:
Jedes Kind muss wohnortnah eine Schule seiner Wahl besuchen können. Dafür müssen die Voraussetzungen geschaffen werden. Wir wenden uns gegen das Prinzip, dass Inklusionsschulen sich für bestimmte Förderbedarfe entscheiden müssen. Gerade Gemeinschaftsschulen haben gute Erfahrungen gemacht mit dem Zusammenleben von Kindern mit verschiedenen Förderbedarfen. Eine finanzielle Ausstattung, die den Wert inklusiver Arbeit anerkennt und diese erleichtert muss im Landeshaushalt stärker abgebildet werden. Die PIRATEN lehnen die Versuche ab, mit der Abwicklung der Förderschulen Einsparungen zu verbinden. Inklusion zum Nulltarif ist nicht möglich! Gemeinschaftsschulen als inklusive Schulen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention. Das kostet viel Zeit und Kraft. In welchem Umfang werden Sie sich für eine bessere personelle Ausstattung der Gemeinschaftsschulen einsetzen? Wir wollen den Personalschlüssel an Gemeinschaftsschulen verbessern und insbesondere Schulhelferstunden aufstocken. Inklusionsschulen sollen nicht pauschal sondern nach zu betreuenden Fällen bezahlt werden. Nicht zuletzt dürfen die Gymnasien nicht weiter von der Aufgabe quasi freigestellt werden, sich auch um Inklusion zu kümmern.

2. Wie stehen Sie zu der Abschulungspraxis der Gymnasien? Ist diese Ihres Erachtens mit dem staatlichen Inklusionsauftrag vereinbar?

Antwort:
Nein. Die Inklusion ist inzwischen geltendes Recht. Insofern ist das ein gutes Argument, das das Gymnasium sich von der Praxis der Abschulung verabschieden sollte. Auch am Gymnasium würde es den meisten Schüler*innen nützen, wenn stärker auf individuelle Förderung aller geachtet würde.

IV. Oberstufe / Gymnasien

1. Wie stehen Sie zu der Forderung, dass an allen Gemeinschaftsschulen gymnasiale Oberstufen eingerichtet werden sollen und somit dort das Abitur abgelegt werden kann?

Antwort:
An Gemeinschaftsschulen können alle allgemeinbildenden Schulabschlüsse abgelegt werden – also auch das Abitur. Die Praxis hat gezeigt, dass die Eltern sehr misstrauisch reagieren, wenn die Schule keine eigene SekII besitzt. Schon aus Anti-Diskriminierungsgründen ist es nicht einzusehen, dass das Gymnasium direkt zum Abitur führt, die ISS und die Gemeinschaftsschüler*innen aber die Schule wechseln müssen. Die PIRATEN fordern explizit in ihrem Programm die Möglichkeit, dass die Gemeinschaftsschulen eigene gymnasiale Oberstufen einrichten. Hier sind wir dafür, ein Angebot zu schaffen, unabhängig von einer Übergangsquote der eigenen Schüler*innen. Diese Angebotspolitik wird die Attraktivität der Schule auf Dauer stärken und ein Angebot für Seiteneinsteiger*innen nützt der Berliner Schullandschaft insgesamt.

Das gesamt Dokument zum Download als PDF: Wahlprüfsteine Piratenpartei

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