12.1.2017
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In der 4. Plenarsitzung wurde die Richtlinie der Regierungspolitik des Berliner Senats gebilligt.
Für Bildung, Jugend, Familie heißt es:
Gute Bildung ist Voraussetzung für Teilhabe in der Gesellschaft. Allen Kindern und Jugendlichen soll eine Bildung ermöglicht werden, die ihre Begabungen und Potenziale ausschöpft. Der Senat will den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppeln und Maßnahmen zur Verbesserung der Schulqualität und der schulischen Infrastruktur initiieren.
Schulentwicklung ausweiten, Schulqualität sichern, Eigenverantwortlichkeit der Schulen stärken
Zur Qualitätssicherung wird der Senat vorhandene Unterstützungssysteme für Schulen ausweiten, besonders für Schulen in belasteten Sozialräumen. Das Bonus-Programm wird weiterentwickelt. Die regionale Schulaufsicht wird entlastet, weiterentwickelt und gestärkt. Die Eigenverantwortlichkeit der Schule wird im Rahmen eines Pilotprojekts weiter gestärkt. Grundschulen werden zur Förderung der Team-, Schul- und Unterrichtsentwicklung ab dem Schuljahr 2017/2018 durch einen Stundenpool entlastet. Das Ganztagsschulangebot wird weiter ausgebaut und qualitativ weiter entwickelt. Der Senat wird eine Bundesratsinitiative zur Absenkung der Mehrwertsteuer für Schul- und Kita-Essen auf 7 % für Kommerzielle Anbieter und zur Abschaffung der MwSt. für gemeinnützige Einrichtungen und Vereine auf den Weg bringen.
Schulinfrastruktur verbessern
Der Senat wird für die kommenden zehn Jahre die Investitionen in den Schulbau und die Schulsanierung erheblich verstärken und beschleunigen. Dabei orientiert er sich an der Bevölkerungsprognose. Um die angestrebten Investitionen zügig umsetzen zu können, wird der Senat bestehende finanzielle Spielräume nutzen und eine landeseigene gesellschaftsrechtliche Konstruktion prüfen, die die Aufnahme von Krediten in privatrechtlicher Organisationsform ermöglicht.
Ziel des Senats ist es, die derzeitige Verfahrensdauer im Bereich Schulbau mindestens zu halbieren.
Schulbau und Schulsanierung modern gestalten
Beim Schulneubau und der -sanierung wird der Senat aktuelle technische und pädagogische Standards nutzen und neue Schultypen entwickeln, die den Anforderungen einer modernen
Pädagogik entsprechend sozialräumlich eine Aufwertung der jeweiligen Quartiere gewährleisten.
Angestrebt werden Bautypen, die die klassische „Flurschule“ durch sog. Cluster-Bauweise ablösen. Neue Schulen sind grundsätzlich als inklusive, klimafreundliche Ganztagsschulen auszugestalten, die sich sozialräumlich öffnen lassen (z. B. Bildungsverbünde, Stadtteilbibliotheken). Dort wo Grundschulen und weiterführende Schulen benötigt werden, sind die Neubauten baulich für die Nutzung als Gemeinschaftsschulen vorzusehen.
An den pädagogischen, baulichen und ökologischen Entscheidungen sollen die Beteiligten auf bezirklicher Ebene (Bezirksverordnetenversammlung, Bezirksamt, Eltern, Schüler/innen sowie pädagogisches Personal) mitwirken.
Sofort beginnen:
Im Rahmen des „engen“ Nachtragshaushalts, den der Senat dem Haushaltsgesetzgeber vorschlagen wird, werden für den Zweck Schulbau und -sanierung ca. 100 Mio. Euro bereitgestellt. In den Kitaausbau werden zusätzlich zu den bestehenden Ausbaumitteln weitere ca. 20 Mio. Euro investiert.
Der bauliche Unterhalt für Schulgebäude in bezirklicher Verantwortung soll auf 1,32% des Gebäudewiederbeschaffungswertes erhöht werden; der Senat wird die erforderlichen Haushaltsmittel insoweit zweckgebunden zur Verfügung stellen.
In die Vielfalt der Schullandschaft investieren
Die inklusive Schule ist eine Schule für alle. Die Schulen erhalten dafür die notwendigen zusätzlichen Ressourcen, damit alle Schülerinnen und Schüler die ihnen zustehende Förderung erhalten. Die Schulen müssen durch ein System der personellen Grundausstattung und der bedarfsgerechten Nachsteuerung in die Lage versetzt werden, inklusiv zu arbeiten. Die Koalition verfolgt das Ziel, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Haushaltsvorbehalt nach § 37 Abs. 3 des Schulgesetzes entfällt.
Neben dem Ausbau von 36 Schulen als inklusive Schwerpunktschulen bis zum Schuljahr 2020/21 wird Inklusion an allen Schularten gefördert. Der Senat setzt sich auch auf Bundesebene für ein Programm für Inklusion ein.
Die Qualität im offenen Ganztagsbetrieb an Grundschulen soll verbessert werden. Der Senat wird die Gemeinschaftsschule (GemS) als schulstufenübergreifende Regelschulart,
die Grund- und Sekundarstufe I und II umfasst, im Schulgesetz verankern und deren Neugründungen unterstützen.
Die Anzahl der Gymnasien mit Ganztagsangeboten soll erhöht werden. Die Integrierten Sekundarschulen (ISS) werden dadurch gestärkt, dass in allen ISS der Weg zum Abitur möglich sein soll.
Für Schulen in freier Trägerschaft wird in 2017 ein neues Finanzierungsmodell auf Vollkostenbasis (wie in der vorherigen Legislaturperiode begonnen) abgeschlossen und 2019 eingeführt. Der Senat wird das Angebot der Staatlichen Europaschule Berlin ausbauen und auch Standorte in den östlichen Bezirken aufbauen. Die Gründung einer zweiten internationalen staatlichen Schule wird vorangetrieben.
Eliteschulen des Sports werden weiterhin gefördert und konzeptionell weiter entwickelt.
Begabungsförderung
Individuelle Begabungen von Schülerinnen und Schülern müssen an allen Schularten gefördert werden. Deswegen wird die Koalition ein umfassendes Programm zur Begabungsförderung
erarbeiten, welches nicht nur den Unterricht umfasst, sondern auch die Förderung der besonderen Talente im musischen, sportlichen und kreativen Bereich einbezieht. Das Programm umfasst sowohl schulische als auch außerschulische Maßnahmen.
Berufliche Bildung stärken
Um die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung zu unterstreichen, wird der Senat die Berufsbildung in Oberstufenzentren stärken, die duale Ausbildung fördern und den Übergang von der allgemeinbildenden Schule in Ausbildung weiter verbessern. Auch Kombinationsmodelle zwischen dualer Ausbildung und Studium sollen gestärkt werden. An ausgewählten ISS / GemS und in Kooperation mit Oberstufenzentren soll die Möglichkeit erprobt werden, ab der 9. Jahrgangsstufe das duale Abitur anzubieten.
Sprachentwicklung geflüchteter Kinder und Jugendlicher gezielt fördern
Der Senat wird die Integration geflüchteter Kinder und Jugendlicher durch gezielte Maßnahmen weiter vorantreiben. Die bereits vorhandenen personellen Ressourcen für die Sprachförderung an den Willkommensklassen sollen dauerhaft gesichert werden. Zur Förderung von Mehrsprachigkeit wird der Senat Möglichkeiten schaffen, die Herkunftssprache als erste oder zweite Fremdsprache zu erlernen und bei Prüfungen anerkennen zu lassen. Angebote zur interkulturellen und interreligiösen Kompetenz sowie zur Akzeptanz von Vielfalt werden gefördert.
Schulpersonal unterstützen
Der Senat wird die personelle Ausstattung an Schulen und die Gesundheitsförderung für das pädagogische Personal verbessern, um Unterrichtsausfall und Überlastung entgegenzuwirken. Die Bezahlung der Grundschullehrkräfte, die nach dem neuen Lehrkräftebildungsgesetz – LBiG – ausgebildet wurden oder sich entsprechend weiter qualifizieren, soll schrittweise auf A/E13 angehoben werden. Lehrkräftefort- und -weiterbildung werden ausgebaut. Auch die Rahmenbedingungen für Quereinsteiger/innen sollen verbessert werden.
Alle Berliner Schulen werden in die zentrale Serverlandschaft des ITDZ überführt und können somit webbasiert ihre Schulverwaltung betreiben. Außerdem werden zusätzliche Verwaltungsleitungsstellen geschaffen.
Die digitale Schulbildung wird durch unterschiedliche Maßnahmen gestärkt. Bestand und Betrieb von Schulbibliotheken werden abgesichert und erweitert.
Zivilgesellschaftliche Unterstützung und Lebenslanges Lernen fördern
Zivilgesellschaftliche Unterstützung und außerschulische Lernorte werden finanziell abgesichert und besser vernetzt.
Der Senat wird ein Weiterbildungsgesetz auf den Weg bringen, das den Bestand der staatlichen Einrichtungen außerschulischer Bildungsarbeit und der allgemeinen Weiterbildung / Erwachsenenbildung sichert. Die Volkshochschulen werden durch ein gemeinsames Servicezentrum organisatorisch gestärkt.
Es ist ein zentrales Anliegen des Senats, das Demokratieverständnis zu stärken. Hierfür werden u. a. die Kapazitäten der Berliner Landeszentrale für politische Bildung ausgebaut.