Wahlprüfsteine – Antworten der CDU

I. Status der Gemeinschaftsschule innerhalb der Berliner Schullandschaft

1. Wie wird Ihre Partei im Falle eines Wahlsieges die Berliner Gemeinschaftsschule weiter fördern?

Antwort:
Die CDU steht für ein vielfältiges Schulsystem mit unterschiedlichen pädagogischen Konzepten. Wir glauben an den Wettbewerb guter Ideen und unterstützen schon immer freie Schulen (wie z.B. Waldorfschulen), an denen vielfach Gemeinschaftsschulkonzepte umgesetzt werden. Die Gemeinschaftsschule gewinnt ihre Existenzberechtigung daraus, dass es Eltern gibt, die diese Schulform für ihre Kinder wünschen und dass es Lehrer gibt, die dieses Konzept umsetzen wollen.

Die Gemeinschaftsschule wird in Berlin im Rahmen einer Pilotphase in unterschiedlicher Form umgesetzt. Wir sprechen uns für die Fortführung der Pilotphase aus, bis mindestens drei Schülergenerationen die Gesamtschule von Klasse 1 bis 13 durchlaufen haben und gesicherte Kenntnisse über die Leistungsfähigkeit dieser Schulform generell und im Vergleich zu den anderen Berliner Schulformen vorliegen.

2. Hat Ihre Partei vor, die Gemeinschaftsschule als Regelschule und somit gleichwertige Schulform zu etablieren?

Antwort:
Die Gemeinschaftsschule ist 2008/2009 als Pilotprojekt gestartet und in der Zwischenzeit auf 26 Schulen angewachsen. Im Abschlussbericht der Pilotphase werden den Gemeinschaftsschülern im zweiten Durchgang stärkere Lernzuwächse bescheinigt als im ersten und auch im Vergleich zu einer Hamburger Vergleichsgruppe. In der Studie werden aber keine Aussagen zum Erfolg der Gemeinschaftsschüler bei den zentralen Prüfungen gemacht, der Durchgang bis zum Abitur wurde nicht abgewartet. Eine Einordnung in das Berliner Schulsystem und eine abschließende Bewertung kann daher noch nicht erfolgen, auch deshalb, weil die Gemeinschaftsschulen bisher noch eine breite, kaum vergleichbare Bandbreite an Ausgestaltungen, an Ausgangslagen und notwendigen Rahmenbedingungen aufweisen. Die Entwicklung der Gemeinschaftsschule findet bundesweit zumeist im Kontext von Niveauabsenkungen statt, dies ist auch in Berlin der Fall. Wir hingegen sprechen uns für einen anspruchsvollen Unterricht und aussagekräftige (Abschluss-)Prüfungen aus.

3. In welchem Umfang werden Sie Neugründungen von Gemeinschaftsschulen unterstützen?

Antwort:
Im Rahmen der Pilotphase, auf freiwilliger, nachfrageorientierter Basis.

II. Bildungsgerechtigkeit/ Chancengleichheit

1. Das deutsche Bildungssystem steht wegen seiner mangelnden Bildungsgerechtigkeit in der Kritik. Wie wollen Sie in Berlin für mehr Chancengleichheit sorgen?

Antwort:
Viele Kinder haben in Berlin eine schwierige Ausgangslage, weil ihre Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind oder ihre Eltern(teile) nur wenig Geld verdienen. Das Schaffen von Arbeitsplätzen ist damit eine der wichtigsten Maßnahmen um Kindern mehr Chancen zu geben. In dieser Legislatur ist es der Koalition gelungen, die Arbeitslosigkeit auf 9,7 % zu halbieren. Die CDU möchte diesen erfolgreichen Kurs fortsetzen und somit weiter für eine verbesserte materielle Ausgangslage der Berliner Kinder sorgen.

Lernmittelbefreiung, berlinpass BUT, Hilfen zur Erziehung, Härtefallregelungen – und fonds, Bonusprogramm, viele über Projektmittel geförderte oder ehrenamtliche Initiativen – in Berlin gibt es viel staatliche und private Unterstützung, um Kindern in schwierigen sozialen Lagen zu helfen und ihnen auch außerhalb der Schule Zugang zu Bildung zu geben. Diese Maßnahmen und Unterstützungsnetzwerke wollen wir beibehalten und, wo nötig, besser zugänglich machen.

Für zuhause nicht umsorgte und geförderte Kinder ist der Kita- und Hortbesuch bzw. Besuch von Ganztagsschulen von großer Bedeutung. Die Koalition hat den Ausbau der Kitaplätze in dieser Legislatur massiv vorangetrieben, wir haben die „Hortlücke“ geschlossen und weitere Ganztagsschulen (auf unser Drängen auch Gymnasien) eingerichtet. Uns ist allerdings stets bewusst, dass nur eine qualitativ gute frühkindliche Bildung, qualitativ guter Hort und qualitativ guter Ganztag tatsächlich Bildungsmehrwert für Kinder bringt. Deshalb muss für uns jeglicher Ausbau mit einem entsprechenden Plan an Ressourcen und Räumlichkeiten unterlegt sein. Hohen Stellenwert für eine erfolgreiche Bildungskarriere hat die sprachliche Entwicklung, deshalb haben wir die Sprachstandsfestsstellung um ein halbes Jahr vorgezogen und bei Defiziten eine verbindliche Förderung festgelegt. Wir sprechen uns außerdem dafür aus die bewährten und von Praktikern durchweg gelobten „Vorklassen“ in Schulen und Kitas wieder einführen, um eine optimale Vorbereitung der Kinder auf die Anforderungen der Schule – beispielsweise im Hinblick auf Konzentrationsfähigkeit, Selbstständigkeit und Ausdrucksfähigkeit – zu gewährleisten.

Zur Chancengerechtigkeit gehört auch die Leistungsgerechtigkeit. Es ist für uns bspw. nicht nachvollziehbar, dass Schulplätze verlost werden, denn das kann bedeuten, dass ein Kind mit schlechten Noten einem Kind mit guten Noten vorgezogen wird. Zur Leistungsgerechtigkeit gehören vergleichbare, einheitliche Standards, die es bspw. am Ende der sechsjährigen Berliner Grundschulen nicht gibt.

2. Wie steht Ihre Partei zur Selektion der Schülerinnen und Schüler nach ihren Leistungen mit dem Übergang in die 7. (bzw. 5.) Klasse? Ist es nicht besser, Kinder länger gemeinsam lernen zu lassen – unabhängig von ihren schulischen Leistungen?

Antwort:
Eine Auswahl nach Leistung findet nur dann statt, wenn es sich um übernachgefragte Schulen handelt, und auch dort kann ein Schüler, selbst wenn er die Leistungsanforderungen nicht erfüllt, durch die 30% Los- oder die 10% Härtefallquote doch noch zum Ziel kommen. Bei nicht übernachgefragten Schulen findet keine Auswahl statt.

Ein Wechsel von der 4. Grundschulklasse an eine weiterführende Schule findet auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern und Schüler statt und kann derzeit leider nur in eine streng limitierte Anzahl von bestimmten Profilschulen erfolgen. Die CDU spricht sich dafür aus, es allgemein Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen von der 4. Grundschulklasse in eine weiterführende, auch allgemeine, Schule zu wechseln.

In der Berliner Grundschule wird im Vergleich zu anderen Bundesländern schon jetzt zwei Jahre länger gemeinsam gelernt, ohne dass dies nachweisbar positive Auswirkungen im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit oder auf sonstige Fähigkeiten hat. Die Möglichkeit, sich nach der 7. Klasse für eine Schulform mit hohem Lerntempo, Leistungsrückmeldungen in Form von Noten, Lernen im Klassenverband, der Möglichkeit des Sitzenbleibens und mit dem Abschlussziel Abitur (Gymnasium) oder für die Integrierte Sekundarschule mit äußerer oder innerer Differenzierung, dem Niveaustufenmodell und dem dualem Lernen/WAT zu entscheiden, ist in Berlin breit akzeptiert, sodass wir keinen Grund für Änderungen sehen.

III. Inklusion

1. Wie wollen Sie die gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung voranbringen?
2. Gemeinschaftsschulen als inklusive Schulen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der UN- Behindertenkonvention. Das kostet viel Zeit und Kraft. In welchem Umfang werden Sie sich für eine bessere personelle Ausstattung der Gemeinschaftsschulen einsetzen?

Antwort auf Frage 1 und 2:
Aus Sicht der CDU Berlin sollte die stärkere Einbeziehung von Kindern mit Förderbedarf in den Regelunterricht dem Ansatz „So viel Inklusion wie möglich – so viel individuelle Förderung wie nötig“ folgen. Sie sollte sich außerdem an den (u.a. von Sanierungsstau und Raumnot gekennzeichneten)
Berliner Realitäten orientieren und anhand von Best-Practice-Beispielen pragmatisch und Schritt für Schritt vollzogen werden, wie dies nun im Rahmen der Einrichtung von „Schwerpunktschulen“ auch der Fall sein wird.

Das Wohl des Kindes und die Wahlfreiheit der Eltern haben für die Berliner CDU Priorität. Schulische Inklusion ist der richtige Weg für mehr Teilhabechancen von Kindern mit Förderbedarf, sie ist aber kein Selbstzweck. Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf müssen in ihrer Besonderheit ernst genommen werden. Ohne eine (frühzeitige) Diagnose durch Experten ist keine individuelle Förderung und damit auch keine volle Entfaltung der Persönlichkeit möglich. Zuweisungen, die nicht an die Person, sondern an die Einrichtung gebunden sind, sind oft unzureichend, so viele Rückmeldungen, die uns erreichen. Im Vorspann zu der Frage klingt genau das an: Inklusion braucht an den Gemeinschaftschulen, aber auch an allen anderen Schulen, mehr Ressourcen als bisher. Diese Lehrer- und Zeitressourcen können wir angesichts der durch 20 Jahre SPD-Bildungspolitik verursachten desolaten Lehrer- und Raumsituation in Berlin leider nur sehr langsam und mühsam gewinnen, dementsprechend langsam und mühsam wird Inklusion in Berlin vorangehen, wenn sie nicht nur auf dem Papier stehen und qualitativ wertvoll sein soll.

Wir sprechen uns für den Erhalt des Elternwahlrechts aus, d. h. dass es auch in Zukunft möglich sein muss, dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf temporär oder durchgehend von den Vorteilen und Möglichkeiten von Förderzentren mit kleinen Klassen, gut ausgebildeten Sonderpädagogen und etablierten Netzwerken in den Arbeitsmarkt profitieren. Wir sprechen uns deshalb dafür aus, eine Grundstruktur an Förderschulen mit angemessenem Personalbestand zu erhalten, die sich untereinander besser vernetzen und deren Durchlässigkeit zur Regelschule besser entwickelt wird.

3. Wie stehen Sie zu der Abschulungspraxis der Gymnasien? Ist diese Ihres Erachtens mit dem staatlichen Inklusionsauftrag vereinbar?

Antwort:
Das Gymnasium ist eine Schulform für viele, aber keine Schulform für alle. Das Gymnasium ist die Schule für diejenigen, die schnell, leicht, gern und (zumeist) im Klassenverband lernen und Leistungsbewertung befürworten. Ziel des Gymnasiums ist das Erreichen der allgemeinen Hochschulreife und die Vorbereitung auf ein Studium in 6 (bzw. 8) Jahren. Die Klassen an Gymnasien sind mit 32 Schülern deutlich größer als an Integrierten Sekundarschulen, es gibt weniger Teilungsstunden und weniger Ganztag. Ausschlaggebend für die Frage, ob ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein Gymnasium gehen kann und sollte, ist also, ob dieses Kind angesichts der genannten Bedingungen und Anforderungen dort lernen kann und möchte. Wir halten es für sinnvoll, dass eine solche Entscheidung im Einvernehmen zwischen Schüler/Schülerin und Schule getroffen wird.

Bei Nichtbestehen des Probejahres am Gymnasium erfolgt die Versetzung in die 8. Klasse einer Sekundarschule, andere Formen des „Abschulens“ gibt es nicht. An einer Sekundarschule können über Kooperationen oder an dieser selbst alle Abschlüsse, auch das Abitur, abgelegt werden. Wir halten diese Regelung zum Selbstschutz der Schüler für sinnvoll und vertretbar.

IV. Oberstufe/ Gymnasien

1. Wie stehen Sie zu der Forderung, dass an allen Gemeinschaftsschulen gymnasiale Oberstufen eingerichtet werden sollen und somit dort das Abitur abgelegt werden kann?

Antwort:
Ausschlaggebend für die Einrichtung einer gymnasialen Oberstufe ist, dass eine Schule über mehrere Jahre hinweg eine ausreichende Anzahl von oberstufengeeigneten Schüler und Schülerinnen hervorbringt, sonst ist es nicht möglich, die notwendige Anzahl und Bandbreite an Kursen einzurichten. Die CDU würde die Absenkung der Anforderungen für den Übergang in die Oberstufe rückgängig machen und sie höher als früher ansetzen um der Oberstufe und damit dem Berliner Abitur wieder mehr Qualität zu geben.

Das gesamt Dokument zum Download als PDF: Wahlprüfsteine CDU Berlin

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